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Grün

Autor: Thomas Gawehns

"Du schaffst das schon!" rief er seinem Kleinen durch die U-Bahntür zu. Dieser hielt sich an der Mittelstange fest und winkte seinem Vater grinsend zu. Der Vater strahlte, als sein Söhnchen tatsächlich mit der U-Bahn abfuhr. Mit geballter Faust entfuhr ihm eine Art 'Chakaa'. Sein Sohn würde so früh schon selbstständig werden. Schnell nahm er sein Smartphone aus der Tasche und sandte eine SMS an die Kindergärtnerin, die seinen Kleinen von der U-Bahnstation abholen sollte. Auch das war geschafft! Mit beschwingtem Schritt ging er zur Rolltreppe am Ende des U-Bahnsteigs. Da sollte noch mal einer sagen, dass es keine Freizeit gibt, wenn man oder auch Frau Kinder hätte. Es war alles nur eine Frage der Koordination und Kommunikation! Die Kindergärtnerinnen mussten ja auch in den Kindergarten kommen. Er hatte einfach einmal nett nachgefragt, welchen Weg sie denn so hätten. Und sieh an! Da war eine, deren Weg sich mit ihrem kreuzte. Zunächst war er immer im gleichen Takt gefahren, sie hatten den Fußweg zusammengemacht. Nach zwei Wochen fragte er, ob der Kleine nicht mit ihr den Rest alleine gehen könnte. Und nun fuhr der Kleine schon die U-Bahn alleine. Wer konnte so gut mit Menschen? Ein Strahlen zauberte sich in sein Gesicht mit Drei-Tage-Bart.

Als er oben die Rolltreppe verließ, wurden seine Schritte langsamer. Wie wollte er eigentlich genau diese freie Zeit nutzen? Zunächst konnte er sich ja nichts richtiges vornehmen. Es könnte ja immer etwas dazwischen kommen. Der Kleine könnte vielleicht doch nicht wollen. Bei denen weiß man ja nie. Aber das war ja sowieso alles Zukunftsmusik. Zu dem Zeitpunkt konnte es nur den Besuch in einer Cafeteria geben. Es waren ja nur etwa zwanzig Minuten, die er gewonnen hatte. Im Obergeschoss gab es ein nettes Stehcafe, dort sass er dann am Fenster, rührte in seinem Capuccino den Zucker hinein und träumte. Träumen konnte er gut. Als kein Krümelchen Zucker mehr auf dem Milchschaum lag, platzierte er den Keks oben drauf. Er schaute nach rechts zur Osthalle, dann nach links zu einer porzellanweissen Hand, die eine Tasse Kaffee abstellte. Diese Hand war aussergewöhnlich fein gliederig. Es war ein richtiges Kunstwerk. Seine Augen verfolgten die Hand, bis sie auf der Ablage ruhte. Welch ein Unterarm? Und erst diese Rottönung in den Haaren? Er fragte sich, ob das nun gefärbte Haare waren. Das Rot der Haare passte so perfekt, zum Weiß der Haut, dass eine Färbung nahezu ausgeschlossen schien. Die Frau, deren Haare er bewunderte, wand sich in seine Richtung und sein Blick ruhte auf dem grünen Delphinanhänger in ihrem Ausschnitt. Es war grüne Jade. Ein perfektes Grün zum Weiß ihrer Haut. Ihr Hals war einladend, ihre Lippen füllig und ihre Augen waren.

"Grün! Tatsächlich." Er nickte Kopf schüttelnd. Ihre fülligen Lippen öffneten sich, ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, bis sich eine kleine Falte über ihrer Nasenwurzel bildete und ihre Wangen färbten sich rötlich Sie holte Luft, aber er entschuldigte sich. Sein Kopf zuckte zurück und er sagte: "Entschuldigen Sie! Das war jetzt ganz unhöflich von mir. Bitte verzeihen Sie mir." Dabei beugte er seinen Kopf nach unten, sah sie durch seine Wimpern an und legte seine Stirn in Falten.

"Na, Sie sind ja einer", lachte sie. "Alle Männer reagieren doch so auf Sie. Oder etwa nicht?"

"Wie?" Wieder bildete sich die Frage. Aber ein Anfang war ja gemacht.

"Sie haben einfach perfekt komponierte Farben. Obwohl das wohl zum Großteil ihre Elten waren, die ihnen diese strahlend weiße Haut und dieses nicht zu intensive Rot ihrer Haare gegeben haben. Aber der Jadedelphin passt so gut zu ihren Augen. Das war das was mich so umgehauen hat." Sie schaute sprachlos.

"Ich bin Kunsthistoriker und ich könnte Ihnen Gemälde zeigen, da könnten Sie geradezu hineinsteigen."

"Das hat mir so noch niemand gesagt. Das fühlt sich gut an." Sie lächelte mit roten Backen. Diese Rot passte auch zu ihren Haaren. Ihre Zähne deuteten ein wirklich junges Alter an. Aber angefangen hatte er ja nun. Vielleicht landete er ja einen Treffer?

"Schön, dann hat sich meine Zeit ja schon gelohnt." Er nahm einen Schluck Capuccino.

"Ist das Ihr Hobby? Komplimente machen?"

"Nein, nein. Es ist nur so, dass ich nun meinen Sohn schneller in den Kindergarten bekomme. Jedenfalls heute. Und bis vorhin wusste ich nicht was ich mit meiner Zeit anfangen sollte. Die zwanzig Minuten wollte ich doch nutzen. Sinnvoll. Und was gibt es sinnvolleres, als eine schöne Frau zum Lächeln zu bringen?"

Es war sein Hundeblick! Bestimmt war er sein Hundeblick gewesen, der die Frau dazu brachte, ihm ein Küsschen auf die stoppelige Wange zu drücken.

Diesmal war es an ihn, erstaunt zu sein. Er schüttelte den Kopf und sagte: "Ich bin doch viel zu alt".

Sie sagte zur gleichen Zeit: "Du bist so ein süsser Papi!"

Die beiden sahen einander an. Er versank in ihren grünen Augen. Dann seufzte er. "Leider habe ich als Vater doch gar keine Zeit für eine Freundin. Das würde doch nie funktionieren. Nur so zwischen durch. So wie hier. Kurz zusammen einen Kaffee trinken."

"Genau das könnte ich gebrauchen. Vielleicht? Warum überlassen wir so etwas eigentlich dem Zufall? Wäre es nicht besser einfach die Nummern zu tauschen?" Er öffnete weit seine Augen. Sollte er ein zweites 'Chakka' erleben?

Er legte sein Handy auf die Ablage, schaltete es ein und: "Wie ist denn Deine Nummer. Ich ruf bei Dir an und dann können wir ja morgen sehen, ob wir immer noch Lust haben einen Kaffee zu trinken." So tauschten sie tatsächlich ihre Nummern aus.

Auf dem Weg zu seinem Büro hätte er in die Luft springen können. Ein Mann wie er! Junggeblieben durch regelmässigen Besuch vom Fitnessstudio. Mit abrasierten, grauen Haaren. Einen dreitage Bart. Und dann kann er immer noch eine solche junge Schnecke klar machen. Na, nicht ganz klar gemacht, aber zumindest den ersten Schritt dazu zurück gelegt. Die letzten Meter wurde er nachdenklicher. Seiner Frau konnte er von diesem Triumph gar nichts erzählen. Mit der Kleinen etwas anfangen, war auch nicht drin. So wie er sich kennt, würde das Ende seiner Ehe bedeuten. Er würde ihr doch von seinem Erfolg erzählen. Jeder Aktionär freut sich doch, wenn die Nachfrage nach den gehaltenen Aktien steigt! Sie würden am Abend, wenn der Kleine eingeschlafen war, es so richtig krachen lassen. Bestimmt!

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