Immer mehr Reiseanbieter und Tourismusorte halten ein Angebot bereit, das auf die besonderen Ansprüche und Bedürfnisse behinderter Menschen Rücksicht nimmt. Prädestiniert für barrierefreies Reisen: Bahnreisen (siehe z.B. den Beitrag Albula Gliederzug). Mit ein Grund für diesen Trend: Die technischen Hilfsmittel für eine verbesserte Mobilität sowie Sportgeräte für Menschen mit besonderen Bedürfnissen werden immer variantenreicher und besser.
Foto © Andreas Hollinek
Innerhalb von Wien gibt es für mobilitätseingeschränkte Menschen mit geringem Einkommen einen Dienst für Freizeitfahrten innerhalb der Stadtgrenze von Wien. Mehr dazu siehe den Beitrag club handikap / Freizeit Fahrtendienst Wien.
Eines dieser Projekte ist der behindertengerechte Naturerlebnispfad auf der Zanser Alm im Talschluss von Villnöss in Südtirol. Dieser Rundwanderweg kann barrierefrei zurückgelegt werden und ermöglicht an insgesamt vierzehn Stationen wunderschöne Ausblicke und Naturerlebnisse. Die Infotafeln sind niedrig angebracht, interaktiv gestaltet und mit Brailleschrift versehen. Auch die metaphorischen Namen der Stationen machen neugierig – worum es sich wohl beim "Konzertsaal Natur" handelt? Und was sind "Berge zum Anfassen"?
Eine bemerksenswerte Initiative haben die Betreiber des Nationalparks Gesäuse gesetzt: Infrastruktur und Workshops für fotobegeisterte Menschen mit Handicap. Mehr dazu beim Stichwort Nationalpark Gesäuse.
Die Altstadt Erfurts ist seit dem Mittelalter fast vollständig erhalten geblieben und gilt als größtes Flächendenkmal Deutschlands. Repräsentative Patrizier- und Fachwerkhäuser an schmalen Gassen, beeindruckende Kirchen und Klöster, die älteste bis zum Dach erhaltene Synagoge Mitteleuropas sowie die berühmte Krämerbrücke ergeben ein einzigartiges Flair. Auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität können daran teilhaben. Für sie bahnt sich von April bis Dezember der Altstadt-Bus mit Hebebühne und Stadtführer den Weg entlang der wichtigsten Sehenswürdigkeiten.
Für gehörlose BesucherInnen gibt es Stadtführungen sowie Videoguides in Deutscher Gebärdensprache (DGS). Wer den prächtigen Dom Sankt Marien, eines der Wahrzeichen der thüringischen Landeshauptstadt, mit dem Rollstuhl besichtigen möchte, nutzt die Zufahrt am Domberg und gelangt über einen barrierefreien Eingang in das Innere des Gotteshauses.
Blinden und sehbehinderten Menschen stehen taktile Informationsmaterialien zur Verfügung und Hörgeschädigten eine induktive Höranlage im Hohen Chor. Eine solche Höranlage gibt es auch im Theater Erfurt. Mit ihr können Aufführungen drahtlos über das Hörgerät empfangen werden. Zudem sind die Eingänge des Großen Hauses ebenerdig und barrierefrei.
Die berühmtesten Söhne Magdeburgs trugen beide den Namen Otto: Kaiser Otto der Große begründete im 10. Jahrhundert den Magdeburger Dom, der 1209 nach einem Brand neu errichtet wurde und der älteste gotische Kathedralbau Deutschlands ist. Und Otto von Guericke, Bürgermeister der Stadt im 17. Jahrhundert, machte Magdeburg nicht zuletzt durch den Halbkugelversuch zum Nachweis des Luftdrucks berühmt.
Stadtführungen geben auf einem barrierefreien Rundweg Einblicke in den großen Kulturschatz. Der Zugang zum Dom ist bei Voranmeldung über eine mobile Rampe möglich. Im Inneren können blinde und sehbehinderte Menschen Figuren und Gebilde an den Wänden ertasten. Und auf dem Domvorplatz gibt ein Bronzerelief einen Überblick der Otto-Stadt. Auch die romanische Anlage Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen kann seit dem Umbau mit dem Rollstuhl besucht werden.
Eines der interessantesten Bauten der Elbestadt ist die Grüne Zitadelle von Magdeburg. Friedensreich Hundertwassers letztes architektonisches Werk präsentiert sich in der charakteristischen farbenfrohen und formenreichen Bauweise. Die Innenhöfe sind mit dem Rollstuhl befahrbar. Gästeführer für Blinde und Gebärdendolmetscher können nach Voranmeldung gebucht werden.
Im Ruppiner Seenland, nördlich von Berlin, findet sich Brandenburgs älteste barocke Schlossanlage: Das Schloss Oranienburg, 1651 errichtet, galt einst als schönste Residenz der preußischen Monarchie. Heute werden hier einzigartige Kunstwerke wie Etageren aus Porzellan, Sitzmöbel aus Elfenbein, königliches Prunksilber, Tapisserien, Skulpturen, Bildhauereien sowie Meisterwerke der flämischen Malerei aufbewahrt. Das Museum ist stufenlos zugänglich. Menschen im Rollstuhl empfiehlt sich eine Begleitperson. Für Besucher mit Sehbehinderung gibt es spezielle Führungen, Tastmöglichkeiten, markierte Wege und geschultes Personal.
Barrierefrei zugänglich ist auch das Schloss Rheinsberg. Seine malerische Lage am Grienericksee und der prächtige Bau im Stil des frühen Klassizismus haben schon Kronprinz Friedrich II. (später Friedrich der Große), Theodor Fontane und Kurt Tucholsky fasziniert. Das Erdgeschoss ist über eine Rampe erreichbar und im Innenbereich gibt es einen Personenaufzug. Auch hier ermöglichen spezielle Führungen und Tastmöglichkeiten Menschen mit Sehbehinderung die Teilhabe am preußischen Kulturerbe.
Bauernhäuser aus rotem Backstein, Mühlen und Leuchttürme, romanische Kirchen und alte Wasserburgen: Ostfriesland ist geprägt von charakteristischen Bauten, die eng mit den Traditionen und der Lebensweise der Menschen verknüpft sind. Im Schloss Jever etwa erhält man in einer bedeutenden kulturhistorischen Sammlung Einblick in 600 Jahre Geschichte. Prunkstücke sind der Audienzsaal mit einer geschnitzten Kassettendecke aus der Spätrenaissance und die kostbaren Gobelins des ausgehenden 17. Jahrhunderts. Das historische Gebäude ist über eine Rampe erreichbar. Es gibt Audioguides und spezielle Führungen für Gäste mit Seheinschränkung oder geistiger Behinderung.
Auch die Evenburg in Leer ist ein wertvolles Juwel ostfriesischer Geschichte. Um 1650 errichtet, zählt sie zu den frühesten Zeugnissen klassischer deutscher Baukunst. Nach jahrelanger Restaurierung ist die Burg wieder der Öffentlichkeit und nun auch barrierefrei zugänglich. Zeitgenössische Kunst präsentiert die Kunsthalle Emden. Das Angebot des stufenlos erreichbaren Kulturhauses umfasst auch Führungen für Menschen mit Sinneseinschränkung oder mit Lernschwierigkeiten.
Wandern in den Bergen, Skifahren und Paragliding – diese Aktivitäten sind in vielen alpinen Regionen Urlaubern ohne Handicap vorbehalten. Dass es auch anders geht, zeigt die neue Barrierefreiheit in den Gemeinden von Alpine Pearls. RollstuhlfahrerInnen können auf speziellen Wander- und Erlebniswegen die Natur und Kultur erkunden und abwechslungsreiche Aktivitäten erleben. In Berchtesgaden, Bad Reichenhall, Villnöss und Termignon gibt es attraktive Angebote für barrierefreien Urlaub.
Berchtesgaden als Modellregion des Projekts für Barrierefreiheit bietet viele Möglichkeiten für mobilitätseingeschränkte Personen. Der Leitgedanke hinter allen Baumaßnahmen im Nationalpark Berchtesgaden ist, die Natur für alle erlebbar zu machen. Dadurch sind eine Vielzahl von barrierefreien Bergerlebnisse im Klausbachtal entstanden, wie beispielsweise eine Hängebrücke, die auch für Rollstühle und Kinderwägen geeignet ist, sowie eine Aussichtsplattform von der aus die Wildtierfütterung bequem zu beobachten ist.
Zudem gibt es zahlreiche geführte Touren für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Wanderbusse mit speziellen Einstiegen und auch das Infocenter des Nationalparks, das Haus der Berge, ist vollständig barrierefrei zugänglich. Auch kulturelle Einrichtungen sind barrierefrei zugänglich und dementsprechend eingerichtet, wie beispielsweise im Kurort Bad Reichenhall, wo Zugänge zu Kurbetrieben, Parks und Attraktionen sowie die Fußgängerzone barrierefrei gestaltet wurden. Siehe auch Barrierefreies Reisen, Deutschland.
In der französischen Alpengemeinde Termignon können mobilitätseingeschränkte Personen einen geländegängigen Rollstuhl mieten um im Kreise der Familie oder gemeinsam mit einem Bergführer die unberührte Natur zu entdecken. Dabei gibt es die Möglichkeit in der gemütlichen Berghütte "Refuge du Plan du Lac" zu übernachten, welche rundherum barrierefrei ist und auch mit dem Siegel "Tourisme et Handicap" ausgezeichnet wurde. Alle Räumlichkeiten sind behindertengerecht gestaltet und auch die Ausflugsmöglichkeiten sind zahlreich vorhanden.
Zudem lassen sich sogar einige Extremsportarten für mobilitätseingeschränkte Personen in den alpinen Gemeinden verwirklichen: ganz Mutige können sich beispielsweise an das Taxiskifahren heranwagen, eine Art Tandemski, bei dem man mit dem Lehrer gemeinsam die Piste hinuntersaust. Auch an Paragliding können sich gehandicapte Personen versuchen, für den gemeinsamen Abflug und die Landung mit dem Lehrer wird eine Rodel als Hilfsmittel verwendet.
Das Kaunertal ist hinsichtlich barrierefreiem Urlaub die wohl fortschrittlichste Region in Österreich. Menschen mit speziellen Bedürfnissen können im Kaunertal voll integriert ihren Urlaub genießen. Was mit dem Bau einer Hochgebirgsstraße begann, ist heute ein bereits mehrfach ausgezeichnetes Vorzeigemodell in Europa. Siehe dazu auch das Stichwort Tiroler Oberland.
Die Erschließung des Kaunertaler Gletschers in den 1970-er-Jahren und das barrierefreie Gletscherrestaurant legten den Grundstein. Dann folgten Hotels und Pensionen. Mehrere Häuser wurden konsequent in Richtung Barrierefreiheit umgebaut. Ziel: die völlige Integration ins Urlaubsgeschehen.
In öffentlichen Einrichtungen wie Tourismusbüro und Hallenbad, aber auch in sämtlichen Geschäften und zahlreichen Lokalen und Restaurants im Kaunertal herrscht ebenfalls Barrierefreiheit. Sogar die Wallfahrtskirche Kaltenbrunn ist ohne Hindernisse erreichbar. Der Naturpark Kaunergrat leistet mit seinem 2007 barrierefrei erbauten Naturparkhaus am sogenannten "Gachen Blick" einen wichtigen Beitrag zum touristischen Angebot. Das auch architektonisch bemerkenswerte Gebäude ist Ausgangspunkt in die Naturparkregion und beherbergt neben einer wunderschönen Sonnenterasse auch die Ausstellung "3000 Meter vertikal" – eine multimediale, interaktive Schau mit ganz neuen Blickwinkeln auf Pflanzen, Tiere und Menschen im Naturpark. Auf dem Themenweg "Heimische Tierwelt" – auch mit Kinderwagen begehbar – beim Fendler Almweg wird die alpine Tiervielfalt vorgestellt. Am ebenfalls kinderwagentauglichen Natur- und Spieleweg entlang des Kaunertaler Talwanderweges erklären die phantasievollen Spielstationen Flora und Fauna auf einer rund 1,5 Stunden dauernden Wanderung.
Wenn die freie Natur lockt, dreht sich das Rad auch rund – dank einem speziell abgestimmten Aktiv- und Freizeitprogramm und nützlicher Mobilitätshilfen wie Handbikes und allradbetriebener Outdoor-Rollstühle. Swiss Tracs, ein spezielles Antriebssystem, ermöglichen es Rollstuhlfahrern, die vielen hochgelegenen Almen des Tales zu besuchen. Winter-Hit: Langlaufen und Alpinskifahren für Querschnittgelähmte.
Auch die Kaunertaler Gletscherbahnen haben ihr Angebot stetig ausgebaut, sodass Gäste sogar die Aussichtsplattform mit Dreiländerblick auf 3108 Meter Seehöhe barrierefrei besuchen können. Niederflurbusse für Gruppen (Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte) stehen auf Anfrage bereit.
Kunstaktivitäten und Raum für Kreativ – und alles barrierefrei: das Kunstmuseum Waldviertel. Adresse / Navi: Kunstmuseum Waldviertel, Erlebnismuseum für Kreativität und Fantasie, Mühlgasse 9-11, 3943 Schrems.Öffnungszeiten: täglich von 9.30 bis 18.00 Uhr.
Schloß Schönbrunn bietet für gehörlose und hörbeeinträchtigte Besucher Multimediageräte, auf denen Gebärdensprachvideos mit Hintergrundinformationen zu den einzelnen Prunkräumen des Schlosses abgespielt werden. Der "Museum Sign Language Guide" steht für die Imperial Tour mit 22 Räumen und die Grand Tour mit 40 Räumen zur Verfügung. In Hinblick auf die Internationalität der Gäste werden die Videos nicht nur in österreichischer Gebärdensprache, sondern auch in International Sign – einer internationalen Gebärdensprache – bereitgestellt. Die Nutzung des Guides ist kostenlos. Aufgrund der begrenzten Anzahl verfügbarer Geräte wird eine Reservierung empfohlen (Telefonnummer der Schloss Schönbrunn Kultur- und BetriebsgmbH: Tel. 01/81113-0).
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