"Den Buddha-Weg zu studieren, bedeutet das Selbst zu studieren. Das Selbst zu studieren, ist das Selbst zu vergessen." Nach Meister Eihei Dogen (Genjokoan), der Zen von China nach Japan brachte, ist die Haltung von Zazen das Erwachen des Buddha selbst. Dies, weil im selben Augenblick, in dem wir die Haltung einnehmen, sich direkt die Wahrheit darüber manifestiert, dass das, was wir für gewöhnlich "Ich", nennen, hier und jetzt Teil einer grenzenlosen Einheit ist, welche die ganze Welt und alle fühlenden Wesen umfasst.
"Za" bedeutet im Japanischen "sitzen". Der japanische Begriff "Zen" kommt ursprünglich vom chinesischen "Chan" und bedeutet Meditation. Zazen bezeichnet jene Praxis, die der Buddha sein Leben lang praktizierte, seinen Schülern lehrte und die bis heute überliefert wird; eine Praxis, die sich auf drei Pfeiler stützt: Körperhaltung, Atmung und Geist.
Zazen zu praktizieren ist weder leicht noch schwierig, es bedarf jedoch mit dem Geist im Hier und Jetzt präsent zu sein und unsere Aufmerksamkeit auf die Körperhaltung, die Atmung und den Geist zu lenken. Auf diese Weise stellt sich das Gleichgewicht zwischen Körper und Geist ein. Ein Gleichgewicht, zu dem wir jedoch Augenblick für Augenblick zurückkehren müssen angesichts des unaufhaltsamen Stroms der mentalen Aktivität wo Erinnerungen, Hoffnungen und Meinungen auftauchen und vergehen. Auf diese Weise bemerken wir, dass Zazen eigentlich ein Prozess des Loslassens ist. Das Loslassen sämtlicher Gedanken und Meinungen, und damit das Zurückkommen mit Körper und Geist zum inneren und äußeren Gleichgewicht; ein Prozess, der uns von innen heraus verstehen lässt, dass die Welt und wir nicht das sind, was wir denken zu sein; ein Strom, der, wenn wir ihn beobachten, uns lehrt, dass das, was wir denken, dass die Wirklichkeit ist, immer nur ein Teil der Wirklichkeit ist.
Angesichts dieses Stroms der mentalen Aktivität greifen wir beim Zazen auf die drei Pfeiler von Zazen, Körperhaltung, Atmung und Geist immer wieder zurück. Die Haltung des Körpers ist in diesem Strom das, was durch die Unbeweglichkeit erst die Ruhe des Geistes möglich macht. Wir kehren mit unserer Konzentration immer wieder auf die Haltung des Körpers zurück und werden uns unserem Körper und unserer Haltung ganz gewahr. Auf dieser Weise kreieren wir die Körperhaltung immer wieder neu und lernen die Dynamik des Körpers von innen heraus zu verstehen. Wir entdecken die Bewegung in der Unbeweglichkeit; eine Bewegung, die einem Frühlingsstrom gleichend den größeren Strom des bloßen Seins immer und immer wieder mit neuem frischen Wasser versorgt und uns so immer wieder aus der Welt der Gedanken zur wirklichen Welt erweckt.
Wie im gesamten Buddhismus, wo alle Phänomene durch die Interdependenz miteinander verbunden sind, sind auch im Zazen die Haltung des Körpers, die Atmung und der Geist in einem Verhältnis von gegenseitiger Abhängigkeit miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. So geschieht es, dass die Atmung während Zazen aufgrund der Haltung des Körpers sich von selbst versteht und die Atmung immer dann natürlich geschieht, wenn die Haltung korrekt ausgeführt wird. Unsere Bemühung im Bezug auf die Atmung besteht also darin, der Atmung zu erlauben, dass sie in einem freien Fluss des Kommens und Gehens frei und in Harmonie mit der Haltung des Körpers geschieht.
Der Geist von Zazen ist der Geist des "nur Sitzens". Nur Sitzen bedeutet in der Praxis, Zazen zu praktizieren, ohne etwas dafür zu erwarten; auch nicht das Erwachen zur Wirklichkeit. Denn im wirklichen, absichtlosen Zazen ist es von Bedeutung, die Gedanken und die selbstbezogenen Vorstellungen loszulassen und die Wirklichkeit so zu akzeptieren, wie sie ist. Aber was bedeutet die Wirklichkeit so zu akzeptieren, wie sie ist? Vielleicht, dass die Wirklichkeit jenseits unserer Meinungen, Hoffnungen und Kategorien ist. Eine Wirklichkeit jenseits der Gedankenwelt, in der wir tief verstehen können, dass das, was wir für gewöhnlich "Ich" nennen, auf vielfache Weise mit allen Dingen und Wesen verbunden ist. So ist Zazen nicht eine Theorie oder das Erlernen einer Methode, in der es etwas zu erreichen gibt – es ist das Loslassen von Körper und Geist und das Harmonisieren der individuellen Existenz mit allen existierenden Wesen und seiner Umwelt. Insofern münden die drei Ströme von Zazen – Körperhaltung, Geist und Atmung – im großen Ozean des Buddha Dharmas, sind aber gleichzeitig auch der Ozean selbst.
Meiyo Pedro Perez Vargas
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