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Ansehensverlust des alten Menschen

In unserem Kulturkreis brachten die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten 20 Jahre eine gewisse Statusminderung älterer Menschen mit sich. Immer mehr wichtige Positionen in Wirtschaft und Politik werden von Jungen besetzt. Verliert ein über 45jähriger Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz, gilt er bereits als "schwer vermittelbar". Der Medienkult um junge, schöne, durchtrainierte Körper verstärkt diesen Image-Verlust. Im privaten Bereich gilt es mittlerweile als Norm (übrigens von beiden Generationsteilen so gewünscht), dass Großeltern separat wohnen. Dies führt oft zu Vereinsamungserscheinungen und/oder Ghetto-Lebensweisen. (Interessante Entwicklung in Dänemark: dort wurde der Bau von Altersheimen verboten, um dieser Ghetto-Bildung nicht weiter Vorschub zu leisten.)

Zum Ansehensverlust kam es auch deshalb, weil der alte Mensch seine vormalige Machtstellung durch Wissensvorsprung verloren hat. Ein kleiner Vorteil durch Kapitalvorsprung mag noch vorhanden sein: 80-Jährige vererben in der Regel an 55-Jährige, der Geldfluss von Alt zu Jung ist stärker als von Jung zu Alt. Dennoch – und bedingt durch den hohen Stellenwert der Vertechnisierung in allen Lebensbereichen: Nicht mehr die Alten zeigen den Jungen, wie man das Leben bewältigt, die Jungen zeigen es den Alten. Damit verbunden: Autoritätsverlust.

Geld haben die Jungen zum Leben genug, gewohnt wird in einer Kleinwohnung als Single, als (meist unverheiratetes) Paar oder in der Gruppe. Ein rasches "Abnabeln" und Unabhängigwerden findet große soziale Akzeptanz. Ehe als Überlebensmodell ist nicht mehr notwendig; "Familie" wird zwar unvermindert als optimale Lebensform angesehen, als Begriff wird sie nun aber weit umfassender, weniger bindend und weniger hierarchisch strukturiert definiert.

Menschen über 50 bleibt nichts anders übrig, als diese Tatsachen zu akzeptieren und ihre Lebens-/Überlebensstrategien nach den neu entstandenen Verhältnissen auszurichten. Es erscheint besonders wichtig, sich schon frühzeitig Gedanken darüber zu machen, wie, mit welchen Mitteln und in welcher sozialer Umgebung man sein Leben nach dem Ausscheiden aus der Arbeitswelt gestalten möchte. Mit der Unterstützung der jungen Generation im Sinne einer "Altenehrung" kann man jedenfalls kaum mehr rechnen.

Strategie der "machtlosen Alten" könnte es sein, sich ebenfalls neue Formen des Zusammenlebens zu überlegen, wobei alles Ghettoartige (Altersheime, Senioren-Städte wie in den USA) vermieden werden sollte; im Gegenteil: möglichst viele Berührungspunkte mit den anderen Generationen sollten gesucht und geschaffen werden – auch im Sinne von den Jungen dienen und helfen (also eine gewisse Umkehrung der Ehrerweisungshaltung). Notwendig erscheint auch, sich politisch so stark zu organisieren, dass Leute im sogenannten Ruhestand zum Faktor bei Wahlen werden und somit gesellschaftliche Entwicklungen zu ihrem Gunsten beeinflussen können. Sich schmollend in ein Einsiedlertum zurückzuziehen, ist jedenfalls die am unglücklichsten machende Variante.

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