Eines der wichtigsten Ziele bei der Wohnungseinrichtung ist es, dass jeder – Kinder, alte Menschen und Menschen mit einem Handicap – sie angemessen und individuell nutzen kann. Der Begriff "barrierefrei" ist heute mehr als ein Ersatz für behindertengerecht, behindertenfreundlich, altengerecht oder wie immer in der Vergangenheit mehr oder weniger geeignete Lösungen und Sonderwohnformen bezeichnet wurden. Barrierefrei bedeutet, dass alle Einrichtungen für alle Menschen in jedem Alter und mit jeder Einschränkung oder Behinderung ohne technische oder soziale Abgrenzung nutzbar sind. Barrierefrei ist immer auch Vorsorge, indem Wohnung und Wohnumfeld so gestaltet sind, dass man darin alt werden kann. Auch mit verringerten Fähigkeiten und allen Einschränkungen, die das Alter mit sich bringt, bleiben die Bewohner so weit wie möglich selbstständig und unabhängig. Siehe auch unseren Beitrag Betreutes Wohnen.
Die richtigen Lichtverhältnisse spielen zum Beispiel für einen gehandikapten Menschen eine sehr wichtige Rolle. Eine gute Beleuchtung verhindert frühe Ermüdung bei der Arbeit und verringert so das Gefahrenpotenzial.
Neben einer guten allgemeinen Beleuchtung des Raumes, die von mehreren Stellen aus schaltbar sein sollte, ist eine Zusatzbeleuchtung über den Hauptarbeitsflächen notwendig. Realisiert werden kann sie zum Beispiel in der Küche bei der Kochstelle durch gute Leuchten in der Abzugshaube, an Vorbereitungs- und Abstellflächen, durch blendfrei abgeschirmte Leuchtstoffröhren unter den Oberschränken oder verstellbare Niedervolt-Halogenleuchten im Nischenbereich.
Bei Türen muss zum Beispiel die lichte Breite von geöffneten Türen für eine ungehinderte Durchfahrt eines Rollstuhls mindestens 90 Zentimeter betragen. Der Wendekreis von 150 Zentimeter ist auch für Eingangsdielen und Verbindungsflure zu berücksichtigen. Zwischen den Räumen sollten auf dem Fußboden Stolperschwellen entfernt werden.
Für den gesamten Wohnbereich gilt, freie Steckdosen sollten in einer Höhe von 105 bis 110 Zentimeter über Oberkante Fußboden angebracht werden, damit sie vom Rollstuhl aus bequem bedient werden können. Eine Elektroinstallation mit zahlreichen gut erreichbaren Steckdosen ist dringend geboten, neben den Wandsteckdosen sind freie Steckdosen an einer Blende direkt unterhalb der Arbeitsplatte für den Anschluss elektrischer Handwerkzeuge sehr hilfreich.
Vergrößerter Arbeitsplatz durch Platz neben den Kochplatten, der ausreichend groß ist für Vorbereitungen. Rollstuhlbenutzer benötigen nicht nur größeren Manövrierraum, sondern auch teilweise Bewegungsraum unter den Arbeitsflächen. Der Rollstuhl benötigt im Vergleich zur normalen Steh- und Laufbewegung einen größeren fixierten Bewegungsraum als der gehende Mensch. Bei einem normalen Erwachsenenrollstuhl benötigt man etwa 1,5 Meter Mindestfläche zwischen und vor den Möbeln, Türen, Fenstern als Bewegungsraum. Außerdem benötigt der Rollstuhlfahrer Platz unter der Arbeitsplatte, analog den sitzenden Personen. Der unterfahrbare Bereich muss im gesamten Vorbereitungs-, Koch- und Spülbereich liegen. Anders als beim stehenden, fei gehenden Menschen, der sehr flexibel seitlich, vorwärts- und rückwärts gehen kann, muss der Rollstuhlfahrer wesentlich umständlicher operieren, um den Ortswechsel zu erreichen.
Das Arbeitsdreieck – Kühlen, Spülen, Kochen – behält zwar seine Bedeutung, aber aufgrund der Unbeweglichkeit müssen die Arbeitszentren "dichter zusammenrücken". Optimal in Hinsicht auf die Minimierung des Fahraufwandes wäre ein Arbeitszentrum über Eck, da hier nur eine Drehbewegung notwendig wird (Beispiel siehe Abbildung).
Die Nähe des Kühlschrankes zum Vorbereitungsbereich ist wichtig, ebenso wie der direkte Zugang zum Geschirrspülautomaten neben der Spüle. Die Müllentsorgung kann mit Rollcontainern gelöst werden, oder mit Auszügen neben der Spüle, da jeder Spülbereich unterfahrbar bleiben muss.
Diese große Küche verfügt über einen Arbeitsplatz für Rollstuhlfahrer, ermöglicht aber auch das bequemere Arbeiten nicht in ihrer Bewegung eingeschränkter Familienmitglieder. Was in der Kleinküche optimal auf einen Benutzer abgestimmt werden kann, wird in der Familienküche zu Nutzungsengpässen führen, wenn die Küche zu klein ist. Das Grundrissbeispiel zeigt eine große Küche, die einen Arbeitsplatz für Rollstuhlfahrer hat, aber auch das Arbeiten nicht in ihrer Bewegung eingeschränkter Familienmitglieder ermöglicht.
Sinnvoll sind auch fahrbare Arbeitszentren, die mit einer einfachen Mechanik höhenangepasst werden können. Diese einfache Mechanik ermöglicht auch bei Esstischen differenzierte Höhenabstimmungen. Der Esstisch kann sowohl als zusätzlicher Arbeitsplatz in der Küche, als auch als zentraler Ort der Kommunikation dienen.
Die ergonomisch optimale Höhe für einen Rollstuhlfahrer muss auf seine individuelle Größe in seinem genormten Rollstuhl bemessen sein. Die "Sitzhöhe" entspricht nicht der normalen Arbeitshöhe an der Arbeitsplatte, sondern mehr der Arbeitshöhe eines Tisches in der Küche. Ebenso ist die Greifhöhe für die Erreichbarkeit von Oberschränken, Regalen usw. verändert. Wenn eine Küche "integrativ" genutzt wird, müssen wir verschiedene Arbeitsplatzhöhen für "unterschiedlich große Köche" einrichten.
Der Spülbereich ist der am häufigsten benutzte Arbeitsplatz in der Küche. Für seine Funktionalität ist die Anbringung in passender Höhe von entscheidender Bedeutung. Behinderten, die im Stehen arbeiten können, passt – je nach Körpergröße – eine Höhe von 90 bis 95 Zentimeter. Für den Rollstuhlfahrer sind – bei gleichzeitiger Unterfahrbarkeit – etwa 80 Zentimeter die richtige Höhe.
Viele alte und behinderte Menschen empfinden Kochplatten und Backöfen als bedrohlich. Für sie ist das Kochen generell gefährlicher, als für einen Menschen ohne Bewegungseinschränkung. Eine Glaskeramikkochfläche ist deshalb allen anderen Systemen vorzuziehen. Je nach Bedarf können die entsprechenden Kochfeldgrößen individuell platziert werden. Die ideale Höhe für Kochflächen ist für Rollstuhlfahrer etwa 80 Zentimeter. Da der Hauptarbeitsbereich inklusive des Kochfeldes unterfahrbar sein muss, ist die separate Platzierung von Kochfeld und Backofen selbstverständlich.
Obwohl der Backofen traditionell wesentlich seltener benutzt wird als das Kochfeld, muss gerade in einem Haushalt mit Behinderten die Auswahl und Unterbringung mit besonderer Sorgfalt erfolgen. Sinnvoll sind Geräte, die Auszüge haben und seitlich bedient werden können. Ein Einbaubackofen in bequemer Höhe zwischen 70 und 75 Zentimeter eingebaut, hat nicht nur für behinderte Benutzer viele Vorteile. Wichtig sind einfache Bedienung, handliche Griffe und übersichtliche Instrumentalisierungen. Große Knebel mit Leuchtanzeigen helfen die Betriebsstufen problemlos einzustellen und erleichtern das Ablesen aus einiger Entfernung.
Der Kühlschrank sollte in direkter Nähe zum Arbeitsbereich platziert werden und hat Priorität vor dem Backofen, da er häufiger benutzt wird. Die bequeme Greifhöhe liegt zwischen 45 und 105 Zentimeter. Die tiefste innere Stelle im Kühlschrank sollte bei etwa 50 Zentimeter liegen.
Spezielle Geh-, Steh-, Stütz- und Greifhilfen können je nach Art der körperlichen Einschränkung notwendig werden. Eine rundum an der Küchendecke befestigte Laufschiene, von der Halteschlaufen herabhängen, kann sehr hilfreich sein, weil damit ein schlaffer Arm beim Greifen oder Festhalten unterstützt wird. Relingsysteme, an der Vorderkante der Arbeitsplatte angebracht, erleichtern das Bewegen von Platz zu Platz. Stabile Servierwagen mit hochklappbaren Bügeln erfüllen drei Funktionen. Aufgewahren von Utensilien, die häufig am Essplatz gebraucht werden, Transport von Speisen und Geschirr und sie dienen als Stütz- und Gehhilfe.
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