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Blutvergiftung

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kommen jährlich 6 Millionen Menschen durch eine Blutvergiftung –in der medizinischen Fachsprache Sepsis genannt – ums Leben. Eine Sepsis beginnt meist mit einer durch eine Verletzung verursachte, harmlosen Infektion. Führt diese jedoch zu einer überschießenden Reaktion des , kann körpereigenes Gewebe angegriffen und geschädigt werden. Die Überreaktion führt schließlich zu einer lebensbedrohlichen Erschöpfung der körpereigenen Abwehr. Allein in Mitteleuropa sterben mehr Menschen an Sepsis als an AIDS, Darm- und Brustkrebs zusammen. Typische Anzeichen für eine Sepsis: Fieber (selten gegebenenfalls auch Untertemperatur), Schüttelfrost, niedriger Blutdruck, Herzrasen, beschleunigte Atmung, Verwirrtheit.

Weltweit suchen ForscherInnen nach geeigneten Therapien – bisher vergeblich. Einem interdisziplinären Team aus den Bereichen Strukturbiologie, Immunologie und Zellbiologie ist es jetzt erstmals gelungen, ein Protein herzustellen, das die Reaktion der Immunzellen bändigen kann. Bei ihrer Entwicklung wurden die Forscherinnen und Forscher durch die Evolution inspiriert. Mäuse beispielsweise sind durch ihr Immunsystem gut vor Sepsis geschützt. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die Interleukine, Botenstoffe, welche die Kommunikation zwischen den Zellen des Immunsystems ermöglichen.

"Die Interleukine sind das Vokabular, mit dem Immunzellen kommunizieren", erklärt Matthias Feige, Professor für Zelluläre Proteinbiochemie an der Technischen Universität München (TU München). Die Botenstoffe werden von den Zellen nach einem ganz bestimmten Bauplan aus einzelnen Aminosäuren gebildet. Deren Anordnung entscheidet darüber, welche dreidimensionale Struktur ein Interleukin ausbildet und damit welche Informationen es übertragen kann. Menschen und Mäuse haben dabei ein ähnliches, aber doch unterschiedliches Vokabular. Einen auffälligen Unterschied entdeckten die Forscher beim Interleukin-27-alpha. Dieses kann von Zellen im Immunsystem der Maus – nicht aber von menschlichen Zellen – freigesetzt und zur Kommunikation genutzt werden.

"Mit Hilfe von Computermodellen und zellbiologischen Experimenten konnten wir aufdecken, dass nur eine einzige strukturell wichtige Aminosäure entscheidet, ob Interleukin-27-alpha von Zellen des Immunsystems freigesetzt wird", erklärt Stephanie Müller, die Erstautorin der Studie "Das brachte uns auf die Idee, wie wir humane Interleukin-Proteine so verändern können, dass sie nun von Zellen freigesetzt werden und wir sie biotechnologisch herstellen können."

Das Team stellte daraufhin das modifizierte Interleukin im Labor her und untersuchte es anschließend auf seine biologische Funktion hin. Ergebnis: Der veränderte Botenstoff wird von menschlichen Zellen erkannt. Immunologische Analysen legen nahe, dass er tatsächlich eine überschießende Reaktion des Immunsystems unterdrücken kann, und damit ein aussichtsreicher Kandidat für eine Sepsis-Therapie ist. "Damit ist es uns erstmals gelungen, das Vokabular der Botenstoffe zu erweitern und die Reaktion der Immunzellen gezielt zu modulieren. Dies war uns nur durch die enge Zusammenarbeit mit Immunologen und Medizinern der TU München, der Université Sorbonne in Paris und des Helmholtz Zentrums München möglich", resümiert Feige. Das neue Protein wurde bereits zum Patent angemeldet.

Publikation

Stephanie I. Müller, Antonie Friedl, Isabel Aschenbrenner, Julia Esser-von Bieren, Martin Zacharias, Odile Devergne, Matthias J Feige: A folding switch regulates interleukin 27 biogenesis and secretion of its alpha subunit as a cytokine PNAS, 16.01.2019 – DOI: 10.1073/pnas.1816698116. Link: .

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