Diabetes beim Mann oder bei der Frau – das macht einen großen Unterschied. Genderaspekte / Geschlechtsunterschiede beeinflussen nämlich wesentlich das Gesundheitsverhalten, die Entwicklung und den Verlauf von Diabetes mellitus. Ein österreichisches Team von ForscherInnen untersucht, welche genderspezifischen Faktoren für die Zuckerkrankheit relevant sind, welche Anforderungen und Patientenempfehlungen sich daraus ergeben.
Diabetes gehört heute zu einer der größten Volkskrankheiten. Die Anzahl der Betroffenen steigt stetig. In der Behandlung wird typischerweise nach Diabetesformen wie Diabetes Typ1 und Diabetes Typ 2 unterschieden. Genderspezifische Unterscheidungen beschränken sich dabei zumeist nur auf das Alter. Gerade bei Diabetes beeinflussen Genderaspekte aber wesentlich das Gesundheitsverhalten, die Entwicklung und den Verlauf aller Diabetes-Formen. Forscherinnen und Forscher der Salzburg Research Forschungsgesellschaft mbH, der Medizinischen Universität Wien und der Sinovo GmbH & Co. KG versuchen nun, diese Lücke zu schließen.
Im Forschungsprojekt DIABgender werden erstmalig genderspezifische Anforderungen an eine technologische Lösung für Diabetes-Selbstmanagement aus den unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten von Diabetikerinnen und Diabetikern erhoben: Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten, Stressempfindlichkeit, Schlafgewohnheiten usw. Die Ergebnisse werden in einem Wissensmodell abgebildet und in vorhandene IT-Lösungen zur Unterstützung von Diabetes-Selbstmanagement einfließen. DIABgender will den Grad an Personalisierung erhöhen, um DiabetikerInnen im aktiven Selbstmanagement ihrer Erkrankung und in der Erreichung von optimalen Zuckerwerten zu unterstützen.
Diabetes erfordert von den Betroffenen Engagement und Eigenverantwortung. Die Diagnose Diabetes bringt für Patientinnen und Patienten meist Änderungen im Alltag und bei lieb gewordenen Gewohnheiten mit sich. "Im täglichen Umgang mit Diabetes unterscheiden sich Männer und Frauen stark voneinander", erläutert DI Manuela Plößnig, Projektleiterin und e-Health-Forscherin bei Salzburg Research. „Das Gesundheitsverhalten wirkt sich direkt auf die Entwicklung und den Verlauf aller Diabetes-Formen aus.“
Für diese aktive Mitarbeit der Betroffenen stehen bereits IT-Lösungen wie z.B. Diabetes-Apps für Diabetes-Selbstmanagement zur Verfügung. Nun sollen hier auch relevante Gender-Aspekte einfließen. Diese technologischen Hilfsmittel helfen, den Grad an Personalisierung zu erhöhen und den damit Diabetiker/-innen bei der Selbstbeobachtung und der Kontrolle ihrer Erkrankung zu unterstützen.
Eine differenzierte wissenschaftliche Analyse von biologischen und sozialen Einflussfaktoren ist notwendig, die sich nicht nur auf offensichtliche Differenzen zwischen den Geschlechtern beschränkt, sondern vielfältige Handlungsoptionen für alle entwickelt. Vor diesem Hintergrund setzen sich Salzburg Research, die Medizinische Universität Wien und Sinovo im Forschungsprojekt "DIABgender" erstmals mit der Frage auseinander, welche Gender-Faktoren für Diabetiker/-innen im Umgang mit ihrer Erkrankung im Alltag zur Unterstützung von Diabetes-Selbstmanagement relevant sind.
"Insgesamt wird die Lebensqualität bei Männern und Frauen mit Diabetes unterschiedlich beeinflusst", sagt Alexandra Kautzky-Willer von der Medizinischen Universität Wien "was wiederum die Stoffwechselkontrolle mitbestimmt". "Das Hauptrisiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen äußert sich bei Männern und Frauen oft anders. Blutzuckerwerte können bei Frauen vor der Menopause Zyklus-abhängig stark schwanken, das Hypoglykämie-Risiko unterscheidet sich. Schlafprobleme äußern sich unterschiedlich und dergleichen mehr."
Diabetikerinnen und Diabetiker aus den unterschiedlichen sozialen Schichten, Erkrankungsstadien und Altersbereichen werden eingebunden. Zusätzlich untersucht DIABgender Anforderungen an das medizinische Personal, um gender-sensitives Diabetes-Selbstmanagement zu unterstützen.
Basierend auf Gender-Aspekten, medizinischen Parametern sowie Daten und Beobachtungen der Patientinnen und Patienten werden gendersensitive Muster identifiziert und Empfehlungen für Diabetes-Selbstmanagement spezifiziert. Darauf aufbauend werden Diabetes-Monitoring-Services entwickelt. Dazu wird der im europäischen Forschungsprojekt EMPOWER (Koordination: Salzburg Research) entwickelte Prototyp um ein gendersensitives Empfehlungssystem erweitert.
Das Wissensmodell und der Prototyp aus dem Projekt DIABgender werden voraussichtlich Mitte 2016 im AKH Wien mit 50 bis 100 Diabetes-Patientinnen und -Patienten getestet und validiert. Projektergebnisse werden der wissenschaftliche Community wie auch IT-Anbietern und Gesundheitsdienstleistern aus dem Bereich des Diabetes Disease Management zugänglich gemacht. Die Forschungsarbeit wird von der FFG – Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft im Programm „FEMtech – Frauen in Forschung und Technologie“ mit insgesamt 299.000 Euro gefördert.
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