Neben der gefürchteten FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) können Zecken u.a. auch die sogenannte Borreliose bzw. Lyme-Borreliose übertragen. Auch Fälle von einer Übertragung durch andere Insekten können vorkommen. In zwei, drei Jahren wird es eine Schutzimpfung geben. Handelt es sich bei der FSME um eine virale Erkrankung, zu deren Schutz ein Impfstoff zur Verfügung steht, so sind die Erreger der Borreliose Bakterien (Borrelia burgdorferi). Österreich zählt zu den Risikogebieten, zirka 5 bis 35 Prozent der Zecken (je nach Region) sind erregerhältig. Borreliose ist weitaus häufiger als die FSME. Allein in Österreich gibt es rund 16.000 Erkrankungen pro Jahr.
Das Erkennen der Borreliose ist für Laien nicht immer ganz einfach, da sie zwar stadienhaft verläuft, aber nicht jedes Stadium zwingend auftreten muss. Das typische Bild des Frühstadiums der Erkrankung besteht in einer annähernd runden, weder schmerzenden, noch juckenden, begrenzt erscheinenden Hautrötung, welche einige Tage bis Wochen nach dem Zeckenbiss auftritt und sich in der klassischen Ausprägung ringförmig über die Haut ausbreitet.
Das zuerst dunkelrot gefärbte Zentrum wird dabei immer blässer, während der rote Ring in die Peripherie fortschreitet (Wanderröte; Erythema migrans). Manchmal etablieren sich in weiterer Folge zusätzliche Beschwerden wie Fieber, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen oder Muskelschmerzen, Abgeschlagenheit und Krankheitsgefühl, geschwollene Lymphknoten, rötlich-blaue Knötchenbildung der Haut oder Nackensteifigkeit. Auf untenstehndem Foto sehen Sie eine nicht ganz typische Hautrötung im Anfangsstadium.
Bislang gab es nur eine Schutzimpfung für jene Art von Borreliose, die in Amerika vorkommt. Gegen die europäische Borreliose-Art war diese jedoch wirkungslos. Das könnte sich nun ändern. 2013 wurde eine Studie veröffentlich, die berechtigte Hoffnung auf die Entwicklung eines präventiv einsetzbaren Impfstoffs gegen Borreliose macht. Sie wurde von einem Team der Medizinischen Universität Wien durchgeführt und im Top-Magazin "Lancet Infectious Diseases" veröffentlicht (Studienleiter Markus Müller, Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie; Institut für spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin unter der Leitung von Herwig Kollaritsch; Studienzentren in New York, Mainz und Tübingen; und eine Team der Pharmafirma Baxter AG).
In einer klinischen Phase I/II-Studie wurde die Sicherheit und Wirksamkeit des neuen, multivalenten, rekombinant hergestellten Wirkstoffs OspA getestet. Kollaritsch: "Die Studienergebnisse zeigen, dass der Impfstoff einen effektiven Schutz gegen Borreliose bieten könnte und zwar erstmals auch gegen die in Europa vorherrschenden Stämme."
Bis die restlichen Studienphasen absolviert sind und der Impfstoff dann ersten Borreliose-Patienten zugutekommen kann, werden jedoch noch "ein paar Jahre" vergehen (telefonische Auskunft der Abteilung für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der MedUni Wien am 06.06.2013).
Sollten Sie einen frischen Zeckenstich haben, empfiehlt sich folgende Vorgangsweise: Den Zeck wie gewohnt entfernen und in ein gut verschließbares Gefäß geben. Dann innerhalb von längsten drei Tagen damit persönlich in eines auf www.zeckenstudie.com angegebenes Studienzentrum fahren (Adressen in Deutschland und Österreich). Sie nehmen damit an einer Studie zum Test des Azitromyzingels zur Borrelioseprophylaxe teil. Einschränkung für Testpersonen: Sie müssen zwischen 18 und 80 Jahren alt sein.
Dort wird Ihnen ein in einer Testphase befindliches antibiotisches Gel (Wirkstoff: Azitromyzin) aufgetragen, das die Borrelien in und um die Stichstelle abtötet. Laut der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der Medizinischen Universität Wien haben Sie dann eine hundertprozentige Chance, den etwaigen Ausbruch einer Borreliose zu verhindern. Sie ersparen sich damit zumindest zwei Arztbesuche, gegebenenfalls einen Laborbesuch und die Langzeiteinnahme eines Antibiotikums. Die Zecke selbst wird auf Borrelien untersucht. Damit haben Sie eine hundertprozentige Gewissheit, ob die Zecke mit Borrelien infiziert war oder nicht.
Es wird erwartet, dass eine Zulassung des Gels rasch möglich sein wird. Studienleiter Dr. Bernd Jilma von der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der Medizinischen Universität am AKH: Aufgrund der niedrigen Dosis des Arzneimittels und der lokalen Aufbringung sind keine für Antibiotika übliche oder die Substanz charakteristische Nebenwirkungen zu erwarten. Das Gel hat sich auch als sehr gut hautverträglich erwiesen."
Erkennt man die Erkrankung früh (Symptome, Blutabnahme), ist sie gut mittels Gabe eines Antibiotikums heilbar. Menge und Dauer der Tabletteneinnahme sind unbedingt zu beachten, da es sonst zu einem Wiederaufflammen der Borreliose kommen kann.
Im fortgeschrittenem Stadium bedarf es einer hochdosierten, intravenösen antibiotischen Therapie über einen längeren Zeitraum hinweg. Der möglicherweise schleppende Behandlungserfolg und zusätzlich in Erscheinung tretende Begleiterkrankungen können auch die Psyche belasten. Die Erkrankung selbst kann im Spätstadium bei zirka 20 Prozent der Betroffenen in ein "Post-Lyme-Stadium" führen – mit Müdigkeit, Leistungsminderung und diversen Muskel- und Gelenksbeschwerden sowie neurologischen Problemen. Oft sind diese Symptome auch mit wiederholten Antibiotikagaben nicht optimal in den Griff zu bekommen, was die Lebensqualität der Patienten zum Teil stark mindern kann.
Im Gegensatz zur Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), gibt es derzeit (2007) keinen Impfschutz für die europäische Form der Lyme-Borreliose. Auch eine bereits früher durchgemachte Infektion bewahrt nicht vor einer neuerlichen Ansteckung und Erkrankung. Schützende Kleidung, Inspektion des Körpers nach Aufenthalten im Freien bzw. frühes Entfernen der Zecke (nicht mit Öl, ohne Quetschung, am besten mit einer Zeckenzange) und Beobachten der Stichstelle sind wesentliche Maßnahmen, um das Borrelioserisiko zu senken bzw. die Erkrankung im gut therapierbaren Frühstadium zu entdecken.
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