Fango, Torf, Schlamm, Lehm, Schlick und Heilerde werden unter dem Begriff "Peloide" (griechisch "Pelos" = "Schlamm") zusammengefasst. Peloide werden mit mehr oder weniger Wasser vermischt und dieserart als Bäder, Packungen und Wickel eingesetzt. Wärmeleitung, Wärmhaltung, hydrostatischer Druck, Auftriebskräfte und Viskosität sind jene Faktoren, die gezielt zur Krankheitsbehandlung eingesetzt werden. Manche Peloide wirken über die thermische Heilwirkung hinaus auch substanziell, d.h. die in der Packung enthalten Wirkstoffe diffundieren in den Körper und entfalten dort ihre heilbringenden Kräfte.
Ein Peloid darf in den meisten gesetzlichen Bestimmungen nur dann als Heilpeloid anerkannt werden, wenn der Betreiber nachweisen kann, dass seine biochemischen und physikalischen Eigenschaften gesundheitsförderndes Potenzial haben, dass es ein ausreichendes Vorkommen der Heilerde gibt und deren Abbau umweltgerecht erfolgt.
Knapp 50 Moorheilbäder gibt es heute in Deutschland, in denen Gäste von der heilenden Wirkung der "schwarzen Daunen" profitieren. Moor hilft bei vielen Volkskrankheiten unserer Zeit, insbesondere bei Rheuma, Osteoporose, Beschwerden mit Gelenken und der Wirbelsäule. Das Geheimnis des Moors liegt vor allem darin, dass es über einen langen Zeitraum Wärme an den Körper abgeben kann. Die dadurch entstehende Tiefenwärme hilft, Beschwerden zu lindern. Es entsteht bei einem etwa 15 Minuten langen Vollbad im Moor bis zu siebenmal so viel Wärme wie bei einem Wasserbad. Verschiedene Stoffe im Moor können in Kombination mit der Wärme dazu beitragen, Entzündungen zu lindern, Körper und Seele zu beruhigen und die Durchblutung zu fördern.
Moor kann nicht künstlich gewonnen werden, sondern muss über 15.000 Jahre hinweg natürlich wachsen. Bis heute wird es beispielsweise in Bad Gögging mit großer Mühe von Hand gestochen. In dem bayerischen Traditionskurort und einem der 46 Moorheilbäder in Deutschland, kümmern sich eigene Moor-Meister um die Gewinnung der Jahrtausende alten "schwarzen Daunen". In dem einst von den Römern entdeckten Thermalbad rund eine Autostunde nördlich von München und eine halbe Autostunde südlich von Regensburg gelegen, kommt die "mystische Medizin" von einer Moorwiese, die etwa so groß ist wie 20 Fußballfelder.
"Wir bereiten das Moor direkt vor Ort in einer komplexen Anlage auf", sagt der Bad Gögginger Moor-Meister Josef Kiermeier. Über eine 900 Meter lange Pipeline gelangt die braune, zähflüssige Masse anschließend in die Therme, wo es dann mit wohlig-warmen 42 Grad direkt aus dem "Moorhahn" in die Badewannen fließt. Packungsmoor, das für Anwendung auf einzelnen Körperpartien dient, liefert Moor-Meister Kiermeier mit einem Spezialfahrzeug in die Therme. Es wäre zu dickflüssig für die Pipeline.
15 Minuten dauert ein Vollbad im Moor. "Den Körper umgeben dann 200 Liter flüssige Wärme", so Diplom-Physiotherapeut Harald Tröger, der in der Bad Gögginger Limes-Therme seit Jahren für die Behandlungen mit dem heimischen Moor zuständig ist. Der große Vorteil der "schwarzen Daunen" von den eigenen Wiesen sei die Frische: "Alle Inhaltsstoffe bleiben so erhalten und deshalb ist der Effekt so langfristig", erklärt er. Das wissen auch die Gäste zu schätzen: "Nach den Moorbädern fühle ich mich besser und in Kombination mit der Massage kann ich eine deutliche Verbesserung erkennen. Dieser Effekt hält noch etwa zwei Monate nach der Kur an", bestätigt Werner Billbeck aus dem Siegerland. Er kommt seit 15 Jahren regelmäßig in den bayerischen Kurort.
Seine langfristige Wirkung und seine Natürlichkeit sind es, die dem Moor in Orten wie Bad Gögging derzeit zu einer Renaissance verhelfen. Die "schwarzen Daunen" sind auch ein Gewinn bei den Herausforderungen unserer Zeit: "Durch Aktivierung des vegetativen Nervensystems gerät unterbewusst ein Entspannungsprozess in Gang, der selbst den gestressten Manager wieder ruhig schlafen lässt", so die Erfahrung von Diplom-Physiotherapeutin Eileen Herbst.
In den kommenden drei Jahren entsteht in Bad Gögging, gefördert vom Bayerischen Gesundheitsministerium, eine umfangreiche wissenschaftliche Studie zu neuen Anwendungsgebieten und der medizinischen Wirksamkeit des Moors. "Wir wollen auch traditionelle, teils in Vergessenheit geratene Behandlungsansätze neu bewerten und neuere, aber oftmals wenig bekannte wissenschaftliche Erkenntnisse zusammentragen", sagt Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, der Leiter des Deutschen Instituts für Gesundheitsforschung.
Moorbehandlungen können Badeärzte vor Ort bis heute im Rahmen einer medizinischen Vorsorgeleistung auch auf Rezept verschreiben. Der Hausarzt kann das nicht. "Dieser kann jedoch zusätzlich zu Massagen Warmpackungen verordnen, die wir dann als Moor-Anwendung vornehmen", sagt Bad Göggings Themenleiter Franz Bauer.
Zunehmend beliebt in Bad Gögging: Gäste können die wohltuende Wirkung der "braunen Federn" auch erst einmal testen, beispielsweise bei einem entspannenden Naturmoor-Peeling oder im Moor-Tretbecken ganz im Sinne des Altmeisters Kneipp. Wenn das Moor seinen Dienst für die Gesundheit getan hat, schenken es die Bad Gögginger Gesundheitsexperten der Natur zurück: Über eine zweite Pipeline läuft es in spezielle Moorteiche und darf dort zehn Jahre selbst regenerieren. "Ein bisschen Ruhe hat es sich nach dieser Leistung ja auch verdient", sagt Moor-Meister Kiermeier.
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